Geschichte des Regiogeldes

Silvio Gesell

Ganz im Sinne der Beschleunigung des Geldstroms bezüglich einer Verhinderung übermäßigen Hortens und Sparens und insofern auch gegen die Gefahr einer Deflationsspirale mit abnehmender Geldmengen, setzte sich Silvio Gesell als Begründer der Freiwirtschaftslehre in den ersten beiden Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts vor allem zu dem Schluss kam, dass Geld ähnlich anderer Konsumgüter und Waren an Wert verlieren und der Weitergabedruck immer hoch sein müsste, um letztlich auch die Macht des Geldes über den Menschen bzw. jene von Menschen mit viel Geld gegenüber ärmeren Menschen zu schwächen. Erst, wenn reiche Mitglieder der Gesellschaft sähen, wie schnell ihr Geld an Wert verliere, würden sie es entsprechend schnell wieder in den Umlauf bringen.

Dadurch würde der Geldfluss immer erhalten bleiben, wie auch der in den Augen Gesells eigentliche und natürliche Charakter des Geldes als reines Tausch- und nicht als Druckmittel dadurch wieder zum Vorschein käme. Auch im Sinne einer Einheitswährung erwies sich Gesell in gewisser Weise als Vordenker, wollte er dadurch doch erreichen den internationalen Zahlungsverkehr zu vereinfachen und ihn von den damals bestehenden Länderwährungen herauszulösen. Ebenso propagierte er eine Entkoppelung der Geldmengen von den Goldreserven. Somit wäre erreicht gewesen, dass Geld freier gewechselt werden könnte und durch das Wegfallen der Möglichkeit Gold gegen Geld und umgekehrt zu tauschen, wären praktisch beide Währungen wieder mehr Zahlungs- als Spekulationsmittel.

 

das Wunder von Wörgl

Ein anderer, signifikanter Meilenstein der Geschichte des Regiogeldes ist das Wörgler Geldexperiment. So beschloss der Bürgermeister der Stadt im Inntal während der Großen Depression und unter dem Eindruck leerer Kommunenkassen im Sommer 1932 Arbeitswertscheine als Lohn für die von der Gemeinde Angestellten auszugeben, während deren Schillinge auf der Bank ruhten und dabei Zinsen erwirtschafteten. Dabei war das Wörgler Freigeld an den Schilling gekoppelt, wie auch ein hoher Weitergabe- und Investitionsdruck durch einen graduellen Wertverlust des Regiogeldes in Form von jeweils 1% Nennwertes pro Monat aufgebaut wurde, um die Region unter anderem durch Konsum und Bauen an der Infrastruktur wieder zu beleben.

Der Wertverlust ließ sich nur aufhalten, wenn sie die Arbeitswertscheine mit Wertmarken, welche gekauft werden mussten, beklebten. Sich das Gehalt in Schilling ausbezahlen zu lassen, war selbstverständlich weiterhin möglich. Nur schreckten viele aufgrund der auf den Umtausch erhobenen Gebühren davor zurück. Außerdem erklärten sich lokale Unternehmer bereit, dieses Regiogeld in Zahlung zu nehmen, konnten damit andererseits jedoch auch ihre Steuern begleichen und halfen damit dieses ‚Wunder von Wörgl' möglich zu machen.

Dadurch erholte sich der Wirtschaftskreislauf und Wörgl wurde die sprichwörtliche Insel der Glückseeligen inmitten eines tiefen Depressionstals in ganz Österreich bzw. auf der ganzen Welt. Dies führte neben einer beachtlichen Abnahme der Arbeitslosenquote auch dazu, dass sich zahlreiche Gemeinden in Österreich ein Beispiel an Wörgl nahmen und ebenso entsprechendes Regiogeld einführten. Selbst international fand das Wunder von Wörgl Beachtung. Letztendlich war es die Österreichische Nationalbank, die im Herbst des Jahres 1933 das Experiment unter Gewaltandrohung stoppen ließ mit der Begründung, dass nur sie als quasi monetäre Exekutive das Monopol auf die Herausgabe von Zahlungsmitteln habe.

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